Foto: © Liv Betker
„Das Summen und Zischen in meinem Kopf ist immer da.
Im Kino, beim Einkaufen, sogar, wenn ich schlafen gehe“, sagt Martin
Jensen.
Seit sieben Jahren lebt der dänische Psychologe mit
Tinnitus – und erforscht nun als Gastwissenschaftler in Marburg eine
neue Methode,
mit der die Belastungen durch Phantomgeräusche
abgemildert werden sollen.
Die Erkrankung tritt laut Schätzung der Fachleute
bei 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung auf.
„Leider gibt es derzeit keine Heilung für
Tinnitus“, sagt die Psychologin Dr. Cornelia Weise von der
Philipps-Universität,
die das Forschungsprojekt leitet. „Daher erforschen
wir – wie eine wachsende Anzahl von Forschungsgruppen weltweit – neue
Wege,
um das Klingeln in den Ohren zum Schweigen zu
bringen.“
Eine solche Behandlungsmöglichkeit bietet das
Neurofeedback, dessen Wirkung das Team nun erforscht.
„Tinnitus ist ein Phantomgeräusch“, erläutert
Jensen; „das unaufhörliche Klingeln wird durch aktive Neuronen im Gehirn
verursacht,
obwohl objektiv kein Geräusch von außen vorhanden
ist.“
Beim Neurofeedback schauen die Betroffenen ihrer
eigenen Hirnaktivität zu, die durch Elektroden auf der Kopfoberfläche
aufgenommen und auf einem Bildschirm sichtbar gemacht wird.
Die Probanden trainieren dabei, Kontrolle über
Gehirnprozesse zu erlangen, die unter normalen Umständen unwillkürlich
ablaufen.
„Mit dem Neurofeedback hoffen wir, diejenige
Aktivität im Gehirn zu reduzieren, die für die Erzeugung der anhaltenden
Geräuschwahrnehmung verantwortlich ist“, legt Jensen dar.
Das Klingeln im Ohr an sich zu vermindern, ist
jedoch nur einer von mehreren Effekten, die das Forschungsteam mit dem
Training zu erzielen hofft.
Dieses soll zudem auch beeinflussen, wie die
Betroffenen ihren Tinnitus wahrnehmen und bewerten.
„Manche Menschen leben gut mit Tinnitus und können
ihn ignorieren, auch wenn er laut ist“, führt Weises Mitarbeiterin Eva
Hüttenrauch aus;
„andere mit kaum hörbarem Tinnitus hingegen haben
große Schwierigkeiten, sich damit abzufinden.“
Die Unfähigkeit, den eigenen Tinnitus zu
akzeptieren, kann zu schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen führen:
etwa Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafprobleme
oder Angstzustände. Warum wird die Störung mitunter als so belastend
erlebt?
„Vermutlich spielen diejenigen Teile des Gehirns
dafür eine bedeutsame Rolle, die für die Verarbeitung von Emotionen
verantwortlich sind“, erklärt Weise.
„Wir hoffen, dass wir mit dem Neurofeedback-Training
dieses sogenannte Tinnitus-Belastungs-Netzwerk unterbrechen, damit die
Betroffenen mit dem ständigen Rauschen
im Kopf besser zurechtzukommen", sagt ihr
Mitarbeiter Martin Jensen.
Quelle:
Philipps-Universität Marburg
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